"Fußball war immer mein Leben" - Hessens erfolgreichster Torjäger im Interview

31. März 2019 · Top-News · von: mag

Darko Milicic von der SG Nassau Diedenbergen ist ligaübergreifend Hessens Ballermann Nummer 1. In den bisherigen 24 Saisonspielen erzielte der Kroate bereits unglaubliche 55 Tore! Das ist für den HESSEN-FUSSBALL Anlass genug, den 38-Jährigen etwas genauer vorzustellen. HFV-Pressesprecher Matthias Gast hat sich mit dem Torjäger am Sportplatz seiner SG Nassau Diedenbergen, derzeit Tabellendritter der Kreisoberliga Maintaunus, zum Redaktionsgespräch getroffen.

Darko Milicic (re.) mit HFV-Pressesprecher Matthias Gast. Foto: privat

Hallo Herr Milicic, Sie sind in dieser Saison mit aktuell 55 Toren in 26 Spielen Hessens erfolgreichster Torjäger. Ist diese Quote normal für Sie?
Diese Quote ist auch für mich nicht ganz normal. Ich habe jedes Jahr 25-30 Tore gemacht, das ist jetzt ein bisschen mehr.

Was war Ihre höchste Anzahl geschossener Tore?
In der zweiten kroatischen Liga habe ich einmal 35 Tore geschossen. Das war auch eine sehr gute Saison.

Haben Sie sich für diese Saison ein Ziel in punkto Anzahl der Tore gesetzt?
Jetzt ist es mein Ziel, bis 60 zu kommen und dann schaue ich weiter. Wenn es noch mehr werden, ist es natürlich besser.

Was sind Ihre Stärken als Stürmer?
Meine Stärken sind, den Raum zu suchen, ich bin auch mit 38 Jahren noch kräftig und schnell, kann mit beiden Füßen Tore schießen und habe einen ganz guten Kopfball.

Wie oft trainieren Sie?
Wir trainieren hier zweimal pro Woche.

An dritter Stelle der Kreisoberliga Maintaunus liegend, haben Sie über zehn Punkte Rückstand auf das Führungsduo. Gibt es noch Aufstiegshoffnungen?
Ja, natürlich. Ich will jedes Spiel gewinnen. Und wenn wir in die Relegation kommen, will ich diese Spiele auch gewinnen.

Sie wurden in Kroatien geboren, haben auch in Österreich gespielt und sind nun in Deutschland. Könnten Sie Ihren Karriereverlauf beschreiben?
Meine Karriere hat mit 15 Jahren begonnen. Ich bin von zuhause in die Jugendabteilung eines Erstligavereins in Kroatien gegangen. Dort habe ich rund eineinhalb Jahre gewohnt und mit tollen Fußballern gespielt. Dann bin ich zu der Jugendmannschaft eines Zweitligavereins gewechselt und habe ungefähr 30 Tore geschossen. Dann kamen – noch in der Jugend – die Angebote für die erste Liga.

Dort habe ich 10-15 Tore in einer halben Saison geschossen und bin in die erste Mannschaft aufgerückt. Ich habe etwas Spielzeit bekommen, kam im Endeffekt auf 10-15 Spiele. Doch wir waren auf dem letzten Platz und ich bin wieder in die zweite Liga gewechselt und danach für ein Jahr in die vierte österreichische Liga. Das war eine meiner besten Saisons.

Dann ging es wieder zurück nach Kroatien, in die zweite Liga und danach in die dritte Liga. Dort habe ich 35 Tore geschossen und bin anschließend wieder nach Österreich zum TSV Hartberg gegangen. Das war auch eine gute Saison, ich habe 12-13 Tore als Mittelfeldspieler erzielt. Der TSV Hartberg ist jetzt auch in der österreichischen Bundesliga, das war eine schöne Zeit bei einem guten Verein.

Danach bin ich aus privaten Gründen zurück nach Kroatien gegangen. Aus diesen Gründen bin ich trotz Angebote nicht in die zweite Liga gewechselt, sondern habe in der dritten Liga gespielt, dann noch kurz in der vierten Liga und jetzt bin ich seit drei Jahren hier in Deutschland.

Wie lange waren Sie Profifußballer?
In Kroatien ist die erste und zweite Liga Profifußball, die dritte ist Halbprofitum. In der vierten Liga wird auch starker Fußball gespielt, ist aber Amateurfußball. Zusammengefasst war ich 8-10 Jahre reiner Profifußballer.

Was war die höchste Anzahl an Toren, die Sie je in einem Spiel geschossen haben?
Ich glaube, fünf Stück war die höchste Anzahl. Das war kürzlich hier in Diedenbergen, aber im Verlauf meiner Karriere auch schon 2-3 Mal zuvor.

Was war das größte Spiel Ihrer Karriere?
In Österreich haben wir vor 10.000 Zuschauern gegen den Grazer AK gespielt, in einem schönen Stadion, das war eines meiner Highlights. Beim Warmmachen waren einige hundert Leute im Stadion. Dann sind wir in die Kabine gegangen, haben uns umgezogen, sind nach draußen gegangen und es waren plötzlich 10.000 Leute im Stadion. Da wurden meine Knie etwas weich. Wir haben leider mit einem Mann weniger 1:2 verloren, aber ich habe wenigstens ein Tor geschossen.

Was war das schönste Tor Ihrer Karriere?
Das war in der zweiten kroatischen Liga. Ich saß lange auf der Bank, obwohl ich damals der zweitbeste Stürmer der Liga war. Aber ich habe mich mit meinem Trainer nicht so gut verstanden. Nachdem ich eingewechselt wurde, habe ich aus ungefähr zwanzig Metern den Torwart mit einem Lob zum 1:1 überlistet. So ein ähnliches Tor ist mir auch schon hier in Diedenbergen gelungen. Ich habe schon viele schöne Tore gemacht, die schwierigen Tore mache ich gerne. Die einfachen liegen mir nicht so sehr. Aus einem Meter kann doch jeder ein Tor erzielen.

Von welchem Stürmer haben Sie sich am meisten abgeschaut?
Ich habe mit vielen guten Stürmern trainiert und von jedem etwas mitgenommen. Sie haben mir oft Tipps gegeben, zum Beispiel hinsichtlich Laufwege. Mein Idol war früher der brasilianische Stürmer Adriano, der unter anderem bei Inter Mailand spielte. Er war meiner Ansicht nach der Top-Stürmer der Welt. Er war kräftig, stark und hatte einen guten Schuss. Deswegen hat mein Sohn auch diesen Namen bekommen.

Ihr Sohn aus erster Ehe heißt also Adriano! Er tritt fußballerisch in Ihre Fußstapfen, ist er genauso talentiert wie Sie?
Er ist noch talentierter als ich. Er redet die ganze Zeit nur vom Fußball, schaut alle Spiele. Er kennt alle Vereine und jeden Spieler der Welt. Er ist ein hundertprozentiger Fußballer, spielt seit fünf Jahren bei einem guten Verein in Bastia auf Korsika in einem Jugendinternat. Er ist etwas kleiner als die anderen, aber er hat ein großes Herz und kämpft. Wenn er dort bleibt, kann er in einigen Jahren auch als Profi spielen.

Sie haben relativ viele Vereinsstationen absolviert, womit hing das zusammen?
Das hing mit Vereinen und deren Geld zusammen. Jeder Verein in Kroatien, der etwas mehr Geld hat, hat das für 1-2 Jahre. Irgendwann ist das Geld weg und die Spieler sind auch weg. Dann steigt der Verein ab und das passiert oft so. Es gibt drei Vereine, die konstant in der ersten Liga sind: Dinamo Zagreb, Hajduk Split und HNK Rijeka. Die anderen verfügen über weniger Geld und Sponsoren. Deswegen wechselte ich so oft, sonst wäre ich gerne länger bei den Vereinen geblieben.

Warum kamen Sie nach Deutschland?
Meine Familie lebt schon lange hier. Deswegen wollte ich hierher kommen, um zu arbeiten und weiter Fußball zu spielen. Jetzt bin ich seit drei Jahren in Deutschland. Ich lebe hier mit meiner zweiten Frau, die mich sehr unterstützt, und meinen zwei Kindern aus zweiter Ehe.

Wie kam Ihr Wechsel von Marxheim nach Diedenbergen zustande?
In Marxheim habe ich zehn Spiele gemacht und dabei 10-15 Tore geschossen. Beim Spiel gegen Diedenbergen führten wir 4:1 und verloren am Ende 4:6. Bei Diedenbergen verteidigte ein Kroate, der ein bisschen mit mir redete. Er hat mir nur Gutes über Nassau Diedenbergen erzählt und ich wollte sowieso von Marxheim weggehen, weil wir auf dem letzten Platz standen und in dieser Zeit als Verein nicht so stabil waren. Zum Training kamen teilweise nur 2-3 Leute oder es fiel ganz aus. Das ist nicht meine Welt. Ich habe mich schnell mit Diedenbergen geeinigt und spiele jetzt die dritte Saison hier.

Haben Sie noch sportlich das Ziel, höher zu spielen, vielleicht auch bei einem anderen Verein?
Ich würde schon gerne nochmal eine Liga höher spielen, aber nur mit der SG Nassau Diedenbergen, das ist mein Ziel. Ich will jedes Spiel gewinnen, egal ob im Training oder beim Punktspiel. Ich kämpfe immer darum, auf den ersten Platz zu kommen. So habe ich es in meinem ganzen Leben gemacht.

Sie sind 38 Jahre alt. Haben Sie schon einen Plan, wie ihre Karriere weiter verlaufen soll?
Fußball war immer mein Leben. Ich spiele so lange weiter wie ich kann. Wenn ich gesund und verletzungsfrei bleibe, spiele ich bis ich 60 Jahre alt bin.

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