Fußballgeschichte: Erfolgsmodell Bundesliga 1957 noch sehr umstritten

19. April 2020 · 01-HFV · von: Rolf Lutz

Die Fußball-Bundesliga ist in aller Munde. Von Freitagabend bis Montagabend wird über die Spiele im Fernsehen ausführlich berichtet. Auch die Tagespresse behandelt fast jeden Tag die Ereignisse in der Bundesliga. Kurzum: Die Bundesliga ist in, das Interesse der Fans ungebrochen. Doch die Geburt Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre war schwierig:

Im Jahre 1957 titelte der HESSEN-FUSSBALL: „Keine Bundesliga und kein Profitum im deutschen Fußballsport.“ Bis auf den Westdeutschen Fußball-Verbandes hatten die Funktionäre der anderen Landesverbände keine Lust auf den Profifußball. Der damalige HFV-Pressewart Heiner Schickedanz kommentierte: „Dennoch wurde der Versuch unternommen, das Traditionelle mit dem Zukünftigen in Einklang zu bringen.“ Schickedanz weiter: „Die stundenlangen Redeschlachten brachten auch diesmal keine Lösung.“ Die allgemeine Tendenz im Deutschen Fußball-Bund lautete damals 1957: „Wir sind gegen eine Konzentration im Spitzenfußball und wir sind eindeutig gegen die Einführung des Berufsfußballs.“

Ursprünglich sollte nur die „Vertragsspieler-Ordnung“ revidiert werden
Dem Westdeutschen Fußballverband als Initiator zum Berufsfußball im DFB gab die Mehrheit lediglich in der Frage Recht, dass die derzeit gültige Vertragsspieler-Ordnung dringend einer Revision unterzogen werden müsste. Nur das „Wie“war im höchsten Maße umstritten. Die Befürworter des Berufsfußballers argumentierten, dass es für den Vertragsspieler nicht entscheidend ist, dass er für seinen spielerischen Einsatz Geld erhält. Wichtig sei für ihn, dass der neue Beruf auch als solcher anerkannt werde. Der damals sehr bekannte Funktionär Paul Flierl  sagte zur endlosen Debatte: „Gebt mir 128 ehrliche Vereinsvorstände und alles ist wie ein Spuk verflogen.“ Im Berufsfußball sah er den Ruin des deutschen Fußballs! Das Dilemma machte auch Rechtsanwalt Franz deutlich: „Ich bin nicht der Meinung, dass ein Nachgeben einer Kapitulation gleichkommt. Sauberkeit wird durch die Menschen garantiert. Und wenn diese Menschen im Fußballspiel in erster Linie ein Spiel und nicht eine Erwerbsquelle sehen, dann kann man auch zur Konzentration der Spitzenklasse schreiten. Ob damit unbedingt der Berufsfußball eingeführt werden muss, bleibt offen.“

Klares „Nein“ zur Bundesliga

Vor dem DFB-Bundestag im Jahre 1957, als die Einführung des Berufsfußballs zur Entscheidung auf der Tagesordnung stand, wurde in den Landesverbänden deutlich gegen die Einführung der „Bundesliga“ Stellung bezogen. Die damals führende Sportzeitung „Der neue Sport“, berichtete beispielsweise am 28. Januar 1957, dass sich die Interessengemeinschaft Oberliga Nord mit der Thematik befasst habe. „Mit Ausnahme von Werder Bremen, bedingt auch Eintracht Braunschweig, sprachen sich alle anderen Klubs gegen die Bundesliga aus. Der Vertreter des HSV erklärte: „Eine Bundesliga bedeutet den Profifußball. Wir sind ein Sportverein und kein Gewerbeverein!“

Obwohl hinter den Kulissen eifrig an einer Lösung gearbeitet wurde, konnten bis ins Jahr 1961 keine klaren Fortschritte erzielt werden. Erneut sei der „Neue Sport“ zitiert, der am 4. Dezember 1961 berichtete: „Die Vertreter der süddeutschen Vertragsliga-Vereine haben sich in Stuttgart-Cannstadt mit 29:5 Stimmen gegen die Einführung einer Bundesliga ausgesprochen. Wörtlich heißt es in der Erklärung. „Die süddeutschen Vereine lehnen die Einführung der Bundesliga mit aller Entschiedenheit ab. Sie verpflichten ihre Delegierten, bei den Tagungen des Süddeutschen Fußballverbandes (SFV) sowie des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) die Einführung einer Bundesliga abzulehnen.“

Dessen ungeachtet legte die eingesetzte Bundesliga-Kommission am 14. April 1962 das lang ersehnte ausführliche Gutachten vor. In diesem Gutachten wurden die Fragen der steuerlichen Behandlung der Vereine nach der Einführung der Bundesliga, der höheren Bezahlung der Spieler sowie wichtige organisatorische vereinsrechtliche und verbandsrechtliche Fragen geklärt. Auch zum Problem „Sozialversicherungs-Pflicht“ wurde eine Lösung angeboten.

Gutachten überzeugte die meisten Vereine

Dieses Gutachten führte dazu, dass am 28. Juli 1962 mit einer Mehrheit die Einführung der Bundesliga zum Spieljahr 1963/64 beschlossen wurde. Die Gegner beruhigte man mit der Feststellung, dass keine Profis, sondern nur Lizenzspieler zum Einsatz kommen. Damals erkannte niemand auf Anhieb den kleinen Selbstbetrug.