Interview mit Konfliktmanagerin Ursel Tillmann: Viele sind danach nicht mehr auffällig

23. August 2023 · Top-News · von: mag

Konflikttrainings sind ein zentraler Bestandteil der präventiven Gewaltvermeidung im Programm des Hessischen Fußball-Verbandes. Ursel Tillmann schildert als HFV-Konfliktmanagerin Eindrücke ihrer Arbeit.

Foto: Hartenfelser

Aus welchem Antrieb wurden Sie Konfliktmanagerin?
Ich habe vor vielen Jahren beim HFV die Ausbildung zur Fußballmediatorin gemacht. Mediation - als Konfliktvermittlung durch eine allparteilische dritte Person. Ähnlich ist es auch oft in meinem Beruf als Rechtsanwältin. Auch hier gibt es inzwischen Schlichtungsverfahren (außergerichtlich) oder Güterichterverfahren (im Prozess). Konflikte lassen sich also auf verschiedene Art lösen, auch im sportlichen Bereich. Es gibt dann weder Gewinner noch Verlierer, sondern es entstehen durch eine Fußballmediation oftmals sogenannte Win-Win-Situationen.

Wo sehen Sie die Hauptursachen für Konflikte im Rahmen des Fußballs?
Eine Vorbildfunktion vieler sogenannter "Idole" im Fußball oder auch in der Gesellschaft ist schon lange nicht mehr gegeben. Oft sind auch Verhaltensweisen von Fußballern nur schwer nachvollziehbar - es sei denn, man kennt die Hintergründe oder mögliche Ursachen. Und somit auch seine eigene Konfliktfähigkeit oder seinen "roten Knopf". Dieses ist aber vielen nicht bekannt. Auch hat respektvolles Verhalten, zum Beispiel gegenüber Schiedsrichter*innen nachgelassen. Daraus können neue Konflikte entstehen, wenn konfliktminimierendes Verhalten seitens Spielern, Verein oder Trainer fehlt.

Wem empfehlen Sie Konfliktmanagement?
Eigentlich jedem Verein - auch zur Vorbeugung bzw. Prävention. Vielen Spielern oder Trainern sind diese Möglichkeiten offenbar bisher nicht bekannt, was ich bei Schulungen immer wieder feststellen konnte.

Wie laufen Konfliktmanagements ab?
Es gibt „Konfliktworkshops“, die einen gewissen Ablauf haben. Bei Maßnahmen nach § 8,9 Rechts- und Verfahrensordnung erteilt das Sportgericht Auflagen, dass nach Teilnahme an einer solchen Maßnahme, zum Beispiel Spielsperren oder Geldstrafen verkürzt oder gemindert werden können. In diesen Fällen orientiert sich das Konfliktmanagement am „Fall“. Es wird dann auf die konkrete Spielsituation eingegangen und konfliktminimierendes Verhalten „geübt“. Teilweise in praktischen Übungen (zum Beispiel Konfliktbarometer), teilweise in Gruppenarbeit und Visualisierung an einer Pinnwand (Flipchart).

Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Arbeit Früchte trägt?
Auf jeden Fall - viele Spieler oder Trainer bzw. Vereine, welche an einer Konfliktmanagement-Maßnahme teilgenommen haben, sind danach nicht mehr auffällig. Es wäre aber sicherlich sinnvoll, in diesem Bereich noch einmal zu recherchieren und eine neue Evaluation zu machen.